Das Kreieren von Empfindungen

Die Meditation am Samstag, den 1. Februar 2020 in Cavedine begann mit dem Bewusstsein für das Motiv, warum wir meditieren. Laut Heinz Grill ist das, was geschaffen wird, wichtiger als das, was der Einzelne aus der Meditation gewinnt. Es geht nicht so sehr darum, welches angenehme Gefühl ein Mensch in der Meditation empfängt, sondern vielmehr darum, welches Gefühl, bzw. Empfindung geschaffen wird.

Das Thema dieses Abends war: „Welche Wirkung auf den Menschen hat eine Linie und welche Wirkung hat ein Bogen?“ Es ist ein Unterschied, ob eine Person durch eine Tür mit geraden Leisten geht oder durch eine Tür mit einem Bogen. In der Architektur ist dieser Unterschied sehr gut erfahrbar.

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Tafelbild

Heinz Grill zeichnete eine Linie und einen Bogen auf die Tafel. Es handelt sich um zwei verschiedene Formen. Gleich zu Beginn beschrieb Heinz Grill die Empfindungen, welche die Linie und welche der Bogen auf den Menschen hat. Die Linie unterscheidet sich vom Bogen, weil die Linie eine direkte Verbindung zwischen zwei Punkten darstellt während der Bogen aufgrund der Kurve keine direkte Verbindung ist. Und normalerweise denkt man, die Linie sei die kürzeste Verbindung, jedoch auf der seelischen Ebene kann man den Bogen als die kürzere Verbindung empfinden. Aus der physischen Sicht ist der Bogen länger als die Linie, wenn man die sichtbare Länge misst. Die seelische Empfindung ist jedoch, dass der Bogen die kürzere Verbindung zwischen zwei Punkten ist und nicht die gerade Linie.

Die Linie ist direkt von einen auf den anderen Punkt gerichtet, während der Bogen einen Schwung macht, um zum anderen Punkt zu gelangen. Der Bogen vermittelt ein Gefühl der Weite und schafft einen Raum.

Eine Person hat beobachtet, dass in der heutigen Architektur die gerade Linie dominiert, auch während des Faschismus. Heinz Grill bestätigte und fügte hinzu, dass es nicht immer so war, früher wurde mit Bögen und Gewölben gebaut.

Das Gefühl für die Form ist aber eigentlich das Ergebnis der Meditation, und um die Meditation jetzt durchzuführen, müssen wir dieses Wissen und auch unsere eventuell gemachten Erfahrungen, welche Wirkung die beiden Formen ausüben, beiseite lassen. Also richten wir zunächst nur unsere Aufmerksamkeit auf die horizontale Linie, diese Linie, die auf die Tafel gezeichnet wurde.

3 Minuten lang konzentrierten wir uns auf die Linie. Am Ende der Konzentrationsfase fragte Heinz Grill, ob das Bild der Linie noch präsenti ist, denn es ist wichtig, dass die Linie noch esistent ist. Wenn die Form während der Konzentrationsfase in der Vorstellung gut kreiert wird und auch noch danach lebendig existent ist, wird sie zu einem sat (Sanskrit-Wort für „sein“). Das Gegenteil ist asat („nicht-sein“), es wird nichts geschaffen. In letzter Konsequenz ist es der geschaffene Gedanke, der dem Menschen Schutz gibt, und ungekehrt wenn kein Gedanke geschaffen ist, ist der Mensch viel mehr beeinflussbar von den ihn umgebenden äußeren Kräften, z. B. Lügen, Manipulation der Werbung, so dass man mit einer Tasche voller Sachen nach Hause kommt, die man gekauft hat obwohl man sie nicht wirklich brauchte.

Dann brachten wir den Bogen in die Konzentration. Und wieder fragte Heinz Grill im Anschluss, ob das Bild noch da sei.

Übertragen auf die Kommunikation zeigt sich, dass ein direkter Dialog, also linear auf den anderen zu eine Konfrontation darstellt. Und laut Erfahrung der Autoren, stellt eine Bogenform im Dialog bspw. mittels eines Themas keine konfrontierende Kommunikation dar, sondern vielmehr kommt es zu einer Begegnung hin zum anderen und es kann eine Beziehung geschaffen werden. Als kürzerer Weg zur Verbindung erscheint hier der Bogen.

Ein sehr wichtiger Punkt für die Meditation ist, dass, wenn wir uns für ein Meditationsobjekt entschieden haben, dieses nicht mehr ändern, z. B. darf die horizontale Linie nicht in eine vertikale Linie verwandelt werden, da die Vertikalität eine andere Wirkung hat. Wir müssen auch unsere Assoziationen und Emotionen zurücklassen und unsere konzentrierte Aufmerksamkeit auf das Objekt richten, damit eine Empfindung aus dem Objekt neu entstehen kann.

Für die dritte Konzentration, auch diesmal 3 Minuten, gab Heinz Grill folgenden Gedanken:
„Der harmonische Bogen bringt ein logischen Gedanken, der in Beziehung steht, zum Ausdruck.“ Dieser Gedanke ist auch für andere Welten wichtig, nicht nur für die irdische Welt.

Am Ende rezitierte Heinz Grill zuerst und dann alle das Mantra:
Om asato mā sat gamaya

Führe mich vom Nicht-sein zum Sein.

Caterina in Zusammenarbeit

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